
Wer sich an Dmitrij Kapitelmans zwerchfellerschütternden Rheingau-Auftritt von vor drei Jahren erinnert, dem dürfte es gar nicht schnell genug gegangen sein mit dem neuen Roman des 1986 in Kiew geborenen Schriftstellers, der seit seinem achten Lebensjahr in Deutschland lebt. Aus der eigenen Biografie zieht Kapitelman den Stoff seiner Romane, so auch für „Russische Spezialitäten“. Darin prallen angesichts des Krieges in der Ukraine die Vorstellungen des Ich-Erzählers, eines erklärten Putin-Verächters, und die ungebrochene Russlandbegeisterung seiner meinungsstarken Mutter aufeinander. Als der junge Mann in seine Heimatstadt Kiew zurückkehrt und damit Kriegsgebiet betritt, wird aus der bis dahin burlesken Handlung die Erzählung einer existenziellen Erfahrung – ohne aber den für Kapitelman charakteristischen Humor und seine aus der Zweisprachigkeit resultierende Wortspielfreude einzubüßen. Ein ebenso komischer wie lehrreicher Abend ist garantiert.